Denkmalpreis 2023

Die Preisträgerinnen und Preisträger

Denkmalpreis 2023: Denkmalpflegerische Sanierung des Pfarrhofs in Mindelau, Herr Matthias Paul

dotiert mit 10.000 Euro

Die Sanierungsmaßnahmen am ehemaligen Pfarrhof in Mindelau sind ein herausragendes Beispiel für den sorgfältigen denkmalpflegerischen Umgang mit einem ortsbildprägenden Bauwerk. Die technische und handwerkliche Ausführung der Sanierungsmaßnahmen sowie die intensive Auseinandersetzung mit der Baugeschichte durch Herrn Paul haben Vorbildcharakter für den Umgang mit Baudenkmälern in ganz Schwaben.

Der ehemalige Pfarrhof von Mindelau wurde 1761/62 im Auftrag des Mindelheimer Jesuitenkollegs errichtet. Zahlreiche Bauelemente stammen noch aus der Zeit der Errichtung, darunter auch der Keller mit einem Tonnengewölbe aus Ziegeln. Eine Besonderheit ist die archivalisch nahezu lückenlose Überlieferung der Baugeschichte des Pfarrhauses: So sind ein „Spaltzettel“ aus dem Jahre 1761, der die in Mindelau tätigen Zimmerleute nennt, und die Baurechnung aus dem Jahre 1762 (für Baumaterialien, Handwerker, Tagelöhner und Transporte) erhalten. Die ausführliche bauhistorische Forschung, die der Bauherr selbst durchführte, ist akribisch und durchdringt die Geschichte des Gebäudes in einem Umfang, der seinesgleichen sucht.

 

Die fachliche Umsetzung der Restaurierungsarbeiten ist vorbildlich. Der Bauherr selbst verfügt über eine jahrzehntelange Erfahrung als Architekt im Bereich der Denkmalpflege und -sanierung und ist ausgebildeter Stuckateur. Der Umgang mit dem Gebäude zeichnet sich durch Exaktheit und eine große Kenntnis der historischen Baumaterialien aus. Nahezu alle historischen Bauteile wurden restauriert und am selben Ort wieder verbaut. Wo dies nicht möglich war, wurden authentische Ersatzteile aus dem Handel für historische Baustoffe verwendet. Moderne Technik, wie Wandheizungen, Fußbodenheizungen und Elektrogeräte, integriert sich vorzüglich in die historische Bausubstanz und verbirgt sich unauffällig im Baubestand. Historische Wand- und Deckenmalereien wurden gesichert, teils restauriert, teils auch neu interpretiert. Der Dachstuhl ist behutsam und nur an den notwendigen Stellen in Stand gesetzt. Er steht pars pro toto für Dachstühle von Pfarrhöfen im Unterallgäu.

 

Dem Engagement von Herrn Paul ist es zu verdanken, dass ein ortsbildprägendes Gebäude erhalten blieb, das zum städtebaulichen Ensemble aus Kirche, Friedhof und Pfarrhaus gehört und durch die Hügellage auch eine Landmarke darstellt. Der Bauherr beließ das Gebäude in seiner historischen Funktionsweise und nahm nur minimale Eingriffe in die Raumgliederung vor. Das Leben und der Alltag des Bauherrn sind dem Objekt untergeordnet. Das Gebäude wurde in seiner Historizität belassen und die Anforderungen einer modernen Lebensweise behutsam darin integriert.


Denkmalpreis 2023: Denkmalpflegerische Sanierung der Einhorn-Apotheke in Memmingen, Herr Christian Reinwald

dotiert mit 10.000 Euro

Durch die Sanierungsmaßnahmen an der Einhorn-Apotheke in Memmingen wurde ein stadtbildprägendes und bauhistorisch bedeutsames Gebäude in Wert gesetzt. Besonders die Motivation des Bauherrn, das Gebäude für die kommenden Generationen zu erhalten, verdient große Anerkennung.

Die Memminger Einhorn-Apotheke ist die zweitälteste Apotheke dieses Namens in ganz Deutschland. Es handelt es sich um einen dreigeschossigen massiv errichteten Bau mit einem dreigeschossigen Satteldach. Darunter befindet sich ein großer Gewölbekeller mit vier sich schneidenden Gewölbetonnen. Das Haus wurde im Jahr 1454 errichtet und im 19. Jahrhundert mit einer prächtigen Schaufassade umgestaltet. Es bereichert die Memminger Altstadt und ist ein wichtiges Beispiel für den Umgang mit derartigem Altbestand. Gleichzeitig weist das Gebäude mehrere Bauelemente auf, die es zu einem einzigartigen Bauwerk machen. Besonders das kunsthistorisch bedeutsame Deckenfresko im Verkaufsraum machen das Gebäude zu einem Schmuckstück der Memminger Altstadt.

 

Die Baumaßnahmen wurden akkurat ausgeführt, wobei ein besonderes Augenmerk auf dem Erhalt der historischen Gebäudefunktion lag. So blieb unter anderem die historische Apothekenausstattung erhalten. In den Obergeschossen befanden sich bereits Wohnungen. Die neu eingebauten Trockenbauwände wurden mit neuen Türen aus Holz versehen. Die restlichen Bestandstüren wurden ausgebaut, überarbeitet und wieder neu eingesetzt. Für die historischen Türen wurden, wenn möglich alte, noch nachvollziehbare Farben für den Anstrich verwendet. Der Innenhof wurde saniert und die historische Balustrade restauriert. Historische Bauausstattungselemente wie Holzstangen, die zum Wäschetrocknen verwendet wurden, finden sich noch immer vor Ort.

 

Der Umgang mit der Einhorn-Apotheke zeigt die Chancen, die sich im Erhalt historischer Gebäude für die Lebens- und Aufenthaltsqualität in Altstädten bieten. Neben dem Gewinn für das Stadtbild und Ensemble konnte hier moderner Wohnraum geschaffen werden. Aufgrund der Verbundenheit des Besitzers mit dem Objekt ging die Rücksichtnahme auf die historische Bausubstanz und auch das finanzielle Engagement wesentlich über das hinaus, was bei vergleichbaren Bauvorhaben zu erwarten wäre.


Denkmalpreis 2023: Denkmalpflegerische Sanierung und Umbau der ehemaligen Vogtei in Wettenhausen, Familie Blaha

dotiert mit 10.000 Euro

Die Vogtei in Wettenhausen ist ein herausragendes Beispiel für den Einsatz eines Einzelnen für ein historisches Objekt. Nach zehn Jahren mit etwa 6.000 Arbeitsstunden konnte der Bauherr die Arbeiten an dem Objekt abschließen, das aufgrund von Schädigungen eigentlich bereits als verloren galt. Ein derartiges Engagement für ein denkmalgeschütztes Gebäude ist einmalig.

Die ehemalige Vogtei aus dem 17. Jahrhundert ist ein Giebelbau mit Eckstreben und Putzgliederungen. Nach einem Umbau im Jahr 1768 wurde sie vom Augustiner Reichsstift Wettenhausen als Gerichtsgebäude genutzt. Ein Kerkerraum bezeugt bis heute diese Funktion. Nach der Säkularisation war dort bis 1968 die örtliche Schule untergebracht. Nachdem das Gebäude vom echten Hausschwamm befallen wurde und es sich in einem äußerst schlechten baulichen Zustand befand, erwog die Gemeinde den Abriss. In einem Zeitraum von elf Jahren wurde die zum Abbruch vorgesehene Vogtei im Rahmen eines mehrjährigen Bauphasenplanes aufwendig saniert. Seit 2020 wird das Gebäude als Bürogebäude genutzt.

 

Die meisten Arbeiten führte der Bauherr in Eigenregie aus. Er ergrub die Fundamente des Gebäudes und legte schrittweise Horizontalsperren an. Die denkmalpflegerischen Vorgaben setzte das Ehepaar Blaha akribisch um, auch wenn dies eine deutliche Verlängerung der Bauzeit zur Folge hatte. Die Schonung und der Erhalt der historischen Bausubstanz ergaben sich bei dieser Herangehensweise von selbst. Die historischen Fenster wurden aufwändig restauriert. Drei nicht erhaltenswerte Fenster wurden nach Vorlage von vorhandenen Fenstern neu hergestellt. Bei den Böden wurde die Bausubstanz, wo möglich, erhalten.

Durch den Einsatz von Familie Blaha konnte ein Denkmal gerettet werden, das vermutlich in wenigen Jahren zum Abbruch freigegeben worden wäre. Der Befall mit dem echten Hausschwamm war so tiefgreifend, dass Statik und Substanz bereits nahezu unrettbar in Mitleidenschaft gezogen waren. Es war eine Lebensaufgabe, der sich die Familie im Jahr 2011 angenommen hatte. Als Ergebnis steht die Rettung eines einmaligen, ortsbildprägenden Gebäudes, das das städtebauliche Ensemble aus Kloster und alten Hofstellen vervollständigt.


Undotiert: Denkmalpflegerische Sanierung eines mittelalterlichen Wohnhauses in Birkhausen, Familie Offinger

undotierter Preis

Das Wohnhaus in Birkhausen ist ein gutes Beispiel für den Umgang mit der schwäbischen Baukultur und mit historischem Baubestand im ländlichen Raum. Das Engagement der Bauherren für das Gebäude und die Initiative, dieses als Einzeldenkmal nachzuqualifizieren, verdient große Anerkennung.

Hintergründe

Zum Jahreswechsel 2018/2019 erstand Familie Offinger ein auf den ersten Blick unbedeutendes Haus im Ortskern von Birkhausen. Es war geplant, das Gebäude energetisch zu ertüchtigen, um es als Eigenheim nutzen zu können. Im Verlauf der Arbeiten stellte der Bauherr jedoch fest, dass dieses Gebäude wesentlich älter sein musste als zunächst gedacht. Als Liebhaber von alter Bausubstanz wandte er sich an die Untere Denkmalschutzbehörde. Bei einem gemeinsamen Ortstermin mit dem Landesamt für Denkmalpflege wurde eindeutig festgestellt, dass das Wohnhaus die Kriterien eines Einzeldenkmals erfülle, woraufhin eine Aufnahme in die Denkmalliste erfolgte.

Bei dem Gebäude handelt es sich um einen zweigeschossigen Satteldachbau, der in das Jahr 1469 datiert werden kann. Es gehört damit zu den ältesten Wohngebäuden im ländlichen Raum in ganz Schwaben – ein außerordentlicher Glücksfall für den Denkmalschutz. Städtebaulich liegt das Haus im Ortskern, direkt neben der Kirche St. Vitus, deren gotische Erweiterung aus derselben Zeit wie das Haus stammt.

Das Interesse und das Engagement von Familie Offinger für das historische Gebäude ist beachtlich. Hier wurde historische Bausubstanz erhalten, die charakteristisch für das Ortsbild ist, anstatt einen Neubau an gleicher Stelle zu errichten. Dass nach der wissenschaftlichen Untersuchung ab sofort eines der ältesten ländlichen Wohngebäude Schwabens in Birkhausen verortet werden kann, ist ein wunderbarer denkmalpflegerischer Zufall.


Undotiert: Denkmalpflegerische Sanierung und Umbau des Mitteltraktes des Spitalforums in Höchstädt, Stadt Höchstädt

undotierter Preis 

Das Spitalforum in Höchstädt ist ein gutes Beispiel für den Umgang mit historischem Baubestand seitens der öffentlichen Hand. Durch die Sanierungsmaßnahmen wurde ein stadtbildprägendes Gebäude in Wert gesetzt und gleichzeitig ein öffentlicher Raum geschaffen.

Das bauhistorisch bedeutsame Gebäude wurde in mehreren Abschnitten saniert. Für den Denkmalpreis wurde der Mitteltrakt vorgeschlagen. Im Erdgeschoss und im ersten Stock sind von der ursprünglichen Bausubstanz und der Historizität des Gebäudes nur noch wenig zu erkennen, wobei diese Verluste auf vorherige Umbauten zurückzuführen sind. Eine Ausnahme bildet die Treppe, die wohl spätestens aus dem 19. Jahrhundert stammt. Im Dachgeschoss wurde ein spektakulärer Dachstuhl wirkungsvoll, kreativ und behutsam in Szene gesetzt. Der Raum wird seitdem als öffentlicher Veranstaltungssaal genutzt. Das Gebälk ist gut erhalten, hervorragend ausgebessert und in seiner vollen Pracht sichtbar. Moderne Technik, wie Heizung und Lüftung, wurde elegant in die Holzkonstruktion integriert.

 

Innerhalb der Stadtgesellschaft fand eine intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte des Bauwerks statt. Als Ergebnis entstand eine gedruckte Festschrift, die das Bauwerk in die Stadtgeschichte einordnet. Darüber hinaus wurde die Sanierung in das 650-jährige Bestandsjubiläum des Spitals integriert. Das Gebäude ist als Bauwerk erhaltenswert und ortsbildprägend.

 

Durch die Restaurierung des Spitalforums wurde Raum für die unterschiedlichen Belange der Stadtgesellschaft geschaffen. Neben der Bücherei und Unterrichtsräumen sticht vor allem der ausgebaute Raum unter dem Dach hervor, in dem die unterschiedlichen Veranstaltungen durchgeführt werden. Auf diese Weise wird das bauliche und historische Erbe Höchstädts der Stadtbevölkerung kontinuierlich nahegebracht.