Schwäbischer Literaturpreis 2022: Drei Autoren und eine Autorin setzen sich durch – Hauptpreis für Heinz Peter Geißler

28. September 2022: Verloren, vergessen, in Literatur verwandelt: „Lost Places. Verlorene Orte“ lautete das Thema des Schwäbischen Literaturpreises 2022. Aus mehr als 200 anonym eingereichten Einsendungen zum Thema bestimmte die Jury insgesamt drei Preisträger und eine Preisträgerin. Die Gewinner wurden nun im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im Augsburger Kulturhaus Kresslesmühle öffentlich bekanntgegeben und prämiert:
Heinz Peter Geißler - Foto: Peter Frese

Den mit 2.500 Euro dotierten Hauptpreis erhielt in diesem Jahr der aus dem Allgäu stammende Schriftsteller Heinz Peter Geißler für seine Kurzerzählung „Unsere berühmte argentinische Stille“. Platz zwei (2.000 Euro) und drei (1.500 Euro) belegten Philipp Cyprian mit „Kernschmelze“ und Michael Lichtwark-Aschoff mit „Und die Ringe haben geschwiegen“. Der Nachwuchspreis ging an Elisabetta Michel.

 

Insgesamt 226 Einreichungen für den Schwäbischen Literaturpreis 2022 hatten den Bezirk Schwaben in diesem Jahr zum Thema „Lost Places. Verlorene Orte“ erreicht. „‘Lost places‘ lässt sehr viele und sehr verschiedene Interpretationen zu. So vielfältig wie das Thema sind auch die Ansätze, die die Autorinnen und Autoren in ihren Texten gewählt haben. Daran zeigt sich, was Literatur so unverzichtbar macht: Durch sie werden die Erfahrungen anderer für uns zugänglich. Das macht sie zu einem unabdingbaren Medium für Toleranz, Offenheit und gegenseitiges Verstehen“, resümiert Bezirkstagspräsident von Schwaben und Schirmherr des Preises Martin Sailer.

Aus allen Einsendungen hat eine achtköpfige Jury den in München und der Schweiz lebenden Heinz Peter Geißler, der bereits bei Engeler und Hanser (Kinderbuch) veröffentlichte, als Hauptpreisträger ermittelt. „Heinz Peter Geißlers ‘Unsere berühmte argentinische Stille‘ verdichtet ein literarisches Erinnern, Reflektieren und gleichzeitiges Bewahren und lässt uns zugleich erst einmal rätselnd zurück. […] Am Ende fügt sich ein Textgebilde zusammen, dessen Sprach- und Bildvirtuosität seinesgleichen sucht und gekonnt von Verlorenem und Vergessenem zu erzählen vermag; und dies nicht nur überaus poetisch, sondern auch mit dezentem Humor und Wortspiel, tiefgründig und nachhallend“, so die Begründung durch Jury-Mitglied und Laudatorin Dr. Theresia Dingelmaier.

An Philipp Cyprians „Kernschmelze“ hingegen überzeugte laut Jury-Mitglied Dr. Sylvia Heudecker, dass der Text „die Komplexität menschlicher Haltungen und Reaktionen literarisch bannt und beobachtbar macht“. Jury-Vorsitzender Dr. Michael Friedrichs wiederum lobte am drittplatzierten Text des Wahl-Augsburgers Michael Lichtwark-Aschoff: „Man spitzt beim Lesen unwillkürlich die Ohren, man wird hellhörig und durchaus nachdenklich. Das ist nicht die schlechteste Wirkung guter Literatur.“ Elisabetta Michels mit dem Nachwuchspreis ausgezeichnete Erzählung dagegen entspricht „einer präzis beobachteten, skeptischen Bestandsaufnahme kleiner Fortschritte einer jungen Frau, deren Erfahrungen die vieler anderer umfassen“, so Dr. Ulrike Längle von der Jury.

Die Beiträge der vier Preisträger erscheinen zusammen mit weiteren ausgewählten Texten Ende September in der Anthologie „Lost Places. Verlorene Orte“ im Wißner Verlag.

Die Jury setzte sich in diesem Jahr zusammen aus Prof. Dr. Bettina Bannasch (Universität Augsburg), Oswald Burger (ehem. Literarisches Forum Oberschwaben), Dr. Theresia Dingelmaier (Universität Augsburg), Dr. Michael Friedrichs (Redakteur), Dr. Saskia Grandel (Bezirk Schwaben), Dr. Sylvia Heudecker (Schwabenakademie Irsee), Dr. Ulrike Längle (ehem. Franz-Michael-Felder-Archiv Bregenz) und Dr. Sebastian Seidel (Sensemble Theater Augsburg). Den Vorsitz hatte Dr. Michael Friedrichs. Alle Texte wurden anonym eingereicht.

Bereits seit 2005 vergibt der Bezirk Schwaben den Schwäbischen Literaturpreis. Der Preis ist ein fester und wichtiger Bestandteil der Kulturförderung des Bezirks in der Region Schwaben und zielt darauf ab, die literarische Vielfalt zu erhalten und zu stärken. Teilnahmeberechtigt sind Autorinnen und Autoren mit Lebensmittelpunkt oder biografischen Wurzeln im schwäbisch-alemannischen Kulturraum. Sie können einen bisher unveröffentlichten Text zu einem vorgegebenen Thema einreichen. Der Schwäbische Literaturpreis ist mit insgesamt 6.000 Euro dotiert. Davon entfallen 2.500 Euro auf den Hauptpreis, 2.000 Euro auf den zweiten und 1.500 Euro auf den dritten Platz. Der Nachwuchspreis beinhaltet eine Einladung zum Irseer Pegasus, einem mehrtägigen Schreib-Workshop unter der Anleitung erfahrener Schriftsteller/-innen.

Die Teilnehmenden des Schwäbischen Literaturpreises 2022 kamen zu je einem Drittel aus Bayerisch-Schwaben und Baden-Württemberg. Sechs Einsendungen erreichten den Bezirk aus der Schweiz, neun aus Österreich, ein Text wurde aus dem außereuropäischen Ausland, aus Kyoto, eingereicht.

 

Die Preisträger/-innen im Überblick

Heinz Peter Geißler, geboren 1962 in Fischen im Allgäu, schreibt seit seiner Kindheit. Nach seinem Studium der Philosophie war er als freier Redakteur und Lektor für verschiedene Verlage tätig. 1997 erhielt er das Literaturstipendium der Stadt München. Zwischen 2000 und 2006 veröffentlichte Geißler vier Kinderbücher im Hanser Verlag sowie zahlreiche Beiträge in Anthologien und Zeitschriften. 2021 erschien „Ich geh mir einen Vogel fangen u.a.“ (Engeler Verlag) und 2022 „grüne Tiefe“ (Engeler Verlag). Geißler lebt und schreibt in München und Cormoret in der Schweiz. Für seine aus einem unfertigen Gedicht entstandene Erzählung „Unsere berühmte argentinische Stille“ erhielt er den Schwäbischen Literaturpreis 2022 (Hauptpreis).

Philipp Cyprian, geboren 1997 im Raum Sigmaringen, arbeitete nach dem Abitur ein Jahr lang in einer Sozialeinrichtung im Großraum London. Später studierte er Soziologie in Bremen. Heute studiert er am Literaturinstitut Hildesheim Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus. Er veröffentlichte bereits in Zeitschriften und Anthologien. Zuletzt nahm er an der Prosawerkstatt Graz 2022 teil. Mit „Kernschmelze“ belegte er den zweiten Platz beim Schwäbischen Literaturpreis 2022.

Michael Lichtwark-Aschoff, geboren 1946 im ländlichem Umkreis Münchens, arbeitete lange als Intensivmediziner in Augsburg. Seit 1974 lebt er in Augsburg und Stadtbergen. Bevor er ins erzählende Genre wechselte, schreib er Arztbriefe und wissenschaftliche Beiträge. 2021 ist sein Roman „Robert Kochs Affe“ (S. Hirzel Verlag) erschienen. Er wurde mit „Und die Ringe haben geschwiegen“ auf Platz drei des Schwäbischen Literaturpreises 2022 gewählt.

Elisabetta Michel, geboren 1999 in Lindau, studierte Psychologie in Leipzig. Inzwischen ist sie dort als Inklusionsbegleitung tätig. Im Studium wie auch im Schreiben setzte und setzt sie sich intensiv mit postmigrantischen und intergenerationalen Themen auseinander. Auch feministische Bewegungen interessieren sie. Michel schreibt überwiegend Lyrik, die sie bereits auch in Magazinen veröffentlichte. Aktuell arbeitet sie gemeinsam mit anderen jungen Erwachsenen am Projekt 1000 junge Gegenwarten, einer sechsmonatigen Schreibwerkstatt am Haus der Kulturen der Welt in Berlin.

 

Anthologie
„Lost Places. Verlorene Orte. Schwäbischer Literaturpreis 2022“, Wißner Verlag 2022. ISBN: 978-3-95786-319-5, Preis: 14,80€. Erscheint: 27. September 2022.

 

Gerne senden wir Ihnen auf Wunsch ein Rezensionsexemplar der Anthologie zu oder vermitteln Interviews mit der Preisträgerin und den Preisträgern.

Bitte senden Sie Ihre Anfrage gerne per E-Mail an: pressestelle@bezirk-schwaben.de